Ein paar chilenische Eigenheiten

Ein paar chilenische Eigenheiten

Wir hatten ja schon einmal von den vielen, alltäglichen Unterschieden berichtet, die uns hier Tag für Tag begegnen. Umso länger wir hier sind, umso mehr gewöhnen wir uns an diese Sachen. Irgendwann sind diese wahrscheinlich sogar völlig normal für uns, aber wir entdecken immer noch Sachen, die hier anders sind oder anders laufen, als wir es kennen.

1. Waschmaschine: von meiner Eingewöhnung mit dem Gasherd hatte ich ja berichtet, und ähnlich erging es mir auch mit der Waschmaschine. Die meisten Geräte sind Toplader, was in Hinblick auf die Schonung des Rückens super ist. Daher haben wir uns am Anfang für eben so ein Gerät eines bekannten Herstellers entschieden. Etwas verwundert waren wir, dass es einen Anschluss für warmes und einen für kaltes Wasser gibt. Hier heizen die Waschmaschinen nicht selber das Wasser auf, sondern es wird heißes Wasser aus der Leitung zugeführt. Aus diesem Grund gibt es keine Möglichkeit, die Temperatur zu wählen, man hat lediglich die Wahl zwischen heiß, heiß/kalt und kalt. Dadurch, dass aber unser Wasser nie so richtig heiß ist, wird wohl alles nur bei etwa 40Grad gewaschen. Flecken von Obst und Gartenarbeit halten sich damit hartnäckig aber man hat dagegen die Sicherheit, dass nichts verfärbt.

Unsere neuen Heizkörper

2. Heizen der Häuser: die meisten Häuser in Chile (im Süden des Landes zumindest) heizen mit Holz. Zentralheizungen sind hier ebenso wenig bekannt wie Wärmeisolierung – man zieht dann einfach noch eine Kleiderschicht mehr an. Für uns verfrorene Europäer nicht die Lösung, weswegen wir eine Zentralheizung, die wir dann mit Holz befeuern, einbauen. Die Heizkörper sind nun installiert und sorgen bei den Chilenen für große Augen. Vor allem, dass die Temperatur dann über ein Thermostat geregelt werden kann, ist hier eine Innovation!

3. Bettwäsche: nachdem sich vor einigen Wochen der erste Besuch angekündigt hatte, mussten wir unseren Bettwäsche-Bestand aufstocken – wir selber haben unsere Sachen aus Deutschland mitgebracht. Der Gang in den Supermarkt war mit zahlreichen Schmunzeln auf Seiten der Verkäuferin verbunden. Sie konnte gar nicht versehen, was das sein sollte, wo die Bettdecke reingesteckt wird. Denn die Chilenen schlafen nur mit einem Baumwolltuch, ähnlich dick wie das Laken. Wenn es zu kalt wird, wird darüber eine ganz normale Decke gelegt und an den Enden umgeschlagen. Richtige Bettdecken gibt es nicht. Auch die Größen sind anders: man unterscheidet zwischen 1 Plaza, 1,5 Plaza und 2 Plaza. 1 Plaza ist für ein einzelnes Bett, was 0,90 mal 2m groß ist, 1,5 Plaza ist dann für Betten der Größe 1,05 mal 2m und 2 Plazas sind 1,85 mal 2m. Das muss man erst mal checken, wenn man vor dem Verkaufsregal steht!

Unsere Alternative zum Fernsehen

4. Fernsehen: ganz entsetzt schauen uns die Chilenen an, wenn wir erzählen, dass wir keinen Fernseher haben. Denn, wie in vielen südlichen Ländern, läuft hier in den meisten Häusern der Fernseher von früh bis spät. Sie können sich gar nicht vorstellen, was man dann den ganzen Tag macht. Vor allem die Kinder schauen den ganzen Tag irgendwelche Cartoons. Selbst wenn Besuch kommt, wird der Fernseher nicht ausgeschaltet, sondern er läuft weiter und dann kann es sein, dass die Kinder alle zusammen fernsehen statt zu spielen. Für unseren Sohnemann völlig fremd und er war schnell gelangweilt und wollte, sehr zur Überraschung der Gastgeber, trotz Regen draußen spielen.

5. Nana: unter einer Nana versteht man ein Kindermädchen, über welches fast jeder chilenischer Haushalt verfügt. Diese passen auf die Kinder auf und/ oder kümmern sich um den Haushalt und putzen und kochen. Die meisten Frauen gehen wenige Monate nach der Geburt der Kinder wieder arbeiten und dann werden die Nanas mit der Kinderbetreuung beauftragt, bis es dann Zeit für den Kindergarten, der ab 4 Jahre beginnt, ist.

6. Schuluniform: sowohl im Kindergarten als auch in der Schule gibt es hierzulande überwiegend Uniformen, also einheitliche Kleidung. Jede Schule, an die meist der Kindergarten schon angeschlossen ist, hat seine eigenen Farben und Logos, die sich dann in der Kleidung widerspiegeln. Vor Schulbeginn muss also losgezogen und das Kind entsprechend ausgestattet werden.

Baden auf Chilenisch

7. Badebekleidung: Apropos Kleidung, ein eher seltsames Verhalten, unserer Meinung nach, haben einige Chilenen beim Baden. Statt sich Badesachen anzuziehen, steigen viele in voller Montur ins Wasser – also mit Hosen, Shirts oder Kleidern. Am Anfang dachten wir noch, die haben ihre Badesachen vergessen, aber anscheinend geht man hier gern angezogen zum Schwimmen. Wie wir erfahren haben, sind die Chilenen in Bezug auf ihren Körper sehr eigen. So bin ich auch ins Fettnäpfchen getreten, als ich unseren Kleinen nackig habe baden lassen, damals hatten wir tatsächlich keine Badehose dabei. Nach den unverständlichen Blicken der anderen Badegäste, habe ich ihm dann doch die Unterhose angezogen. Auf dem Nachbarhandtuch wurden dann prompt, selbst den kleinsten Kinder, hinter vorgehaltenem Handtuch die Badesachen gewechselt, denn auch bei Kindern ist nackig baden oder nackig rumlaufen etwas, was man nicht macht.

8. Baustellen: Was die Chilenen, ebenso wie die Deutschen, gut können, sind Straßen aufreißen, vorzugsweise in den Ferien, wo der meiste Verkehr ist. Jedoch findet man hier selten Ampeln, die dann den einspurigen Verkehr regeln. Stattdessen gibt es Arbeiter, die eine Kelle mit einer grünen oder einer roten Seite hochhalten. Über Funkgeräte sind sie mit dem Kollegen am anderen Ende der Baustelle verbunden und stimmen sich ab, wer wann welche Farbe den ankommenden Autos entgegenhalten darf.

9. Sprache: zum Glück sind wir ja nicht ohne Sprachkenntnisse in das Land gegangen. Dennoch stößt man mit dem Spanisch, welches man in Europa lernt, irgendwann an seine Grenzen. Nicht nur, dass die Chilenen ihre eigene Betonung und teils andere Wörter benutzen. Nein, in Chile wird die Ihr- Form nicht verwendet. Dies war uns nie aufgefallen, wenn wir hier im Urlaub waren, da wir die Leute meistens gesiezt haben. Aber hier haben wir uns schon gewundert, warum uns auch unsere Nachbarn ständig siezen. Bis uns jemand erklärt hat, dass die Ihr- Form identisch mit der Sie- Form ist. Das erleichtert natürlich für uns die Konversation, da wie nicht noch eine Form lernen müssen!

10. Mahlzeiten: Dass die Chilenen etwas später Mittag und Abendessen ist für Südamerika und auch für Südeuropa ganz normal. In Chile gibt es jedoch noch eine Mahlzeit, die als Once bezeichnet wird. Dadurch, dass es das Abendessen meist erst nach 21 Uhr gibt, wurde eine Zwischenmahlzeit eingeführt. Gegen 18 Uhr gibt es das Once, was eine süße oder herzhafte Mahlzeit sein kann. Gern auch mit Kaffee und Kuchen oder eine Brotzeit. Hier im Süden werben sie oft mit „Once alemanes“, also mit deutschen Speisen, womit meist deutscher Kuchen gemeint ist, der sich hier großer Beliebtheit erfreut.

Und auch zum Ende dieser Auflistung bin ich sicher, dass dies noch längst nicht alle Eigenheiten waren! Vielleicht folgt ja nochmal ein dritter Teil!

2 Gedanken zu „Ein paar chilenische Eigenheiten

  1. Wieder ein sehr schöner Beitrag und höchst interessant (und amüsant).
    Ich kann mir vorstellen, dass einige Chilenen euch vielleicht etwas abgucken – was Heizung und Nicht-fernsehen betrifft?
    Aber sehr schön, wie ihr euch mit allem arrangiert ?
    Ich wünsch euch weiterhin eine wunderschöne Zeit

    1. Ohja, ich glaube, die finden unsere Lebensweise genauso interessant. Vor allem auf den deutschen Kuchen sind sie sehr neidisch! 😉

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