Wenn der Körper streikt

Wenn der Körper streikt

Gleich vorneweg muss gesagt sein, damit sich keiner Sorgen macht: wir sind glücklich und es geht uns gut und, obwohl das alles mega anstrengend ist, macht die Arbeit die meiste Zeit Spaß und wir sind stolz, was man alles selber schaffen kann! Dennoch gibt es Tage, wo wir fix und fertig sind und nicht mehr können. Beziehungsweise der Kopf will schon, weil er weiß, was alles noch getan werden muss, aber der Körper mag nicht mehr und braucht eine Pause.

Letzlich hatte ich erst mit unserem Cuidador darüber gesprochen, wie sich unser Leben verändert hat. Für mich, wo früher die Arbeit darin bestand, jeden Tag ins Büro zu fahren, in schicken Klamotten, weil man wichtige Kundentermine hatte und wo ich bis zu zehn Stunden täglich vor dem Rechner gehockt habe. Und für Much, der jeden Tag Drehbücher geschrieben und unzählige Stunden im Auto verbracht oder beim Dreh und dessen Vorbereitung irgendwo in Deutschland unterwegs war.

Blick über die neue Terasse zum Vulkan

Heute stehen wir in der Früh auf und, vor allem mein lieber Mann, steigt direkt in die Arbeitsklamotten, einen Blaumann, der erst seit Chile Einzug in sein Leben gehalten hat, und begibt sich auf die Baustelle. Und dann wird zehn Stunden körperlich gearbeitet – im Moment überwiegend Nägel in die Holzverkleidung geschlagen, in über 2m Höhe aber auch kurz über dem Boden, gesägt, Holzlatten geschleppt und das Holz gestrichen. Teilweise die Decken, auf wackeligen Ständern, und dann mit einem Öl, wo danach alles verschmiert und glitschig ist. Am Abend schmerzt der Nacken und man(n) hat Mühe, die Hand zur Faust zu schließen oder irgendetwas zu greifen und festzuhalten. Diesen Tagesablauf hat der Mann des Hauses nun schon seit Wochen und gerade nach der Rückkehr aus Deutschland musste der Körper wieder neu an die Anstrengung gewöhnt und die Muskelgruppen wieder neu belebt werden. Leider scheinen die sich jedoch immer noch nicht wieder mit dieser Arbeit angefreundet zu haben, denn jeden Abend aufs Neue ist der Körper am Ende und der Mann fix und fertig. Ein positiver Nebeneffekt ist natürlich, dass die Kilos purzeln, man fast nur an der frischen Luft ist und sich die Muskeln ohne jegliche sportliche Betätigung aufbauen.

Malerarbeiten am Haupthaus

Meine Arbeit hingegen war bisher weniger körperlich. Zum Einen weil ich ja den Vormittag in der Stadt bin und zum Anderen, weil ich, bis auf das Streichen, bisher kaum unterstützen konnte. Denn, wie sagt man so schön, war und ist das meiste Männerarbeit. Nachdem ich aber angefangen habe, den Gemüsegarten anzulegen, weiß ich auch wieder, was körperliche Arbeit ist und wie man sich nach einem solchen Tag fühlt. Statt in schicke Klamotten steige ich am Nachmittag in meine Arbeitshosen und in Gummistiefel und begebe mich in den Garten zum Umgraben, Löcher buddeln, Einpflanzen sowie Gras, Wurzeln und Unkraut entfernen. Dadurch, dass es in der Sonne schon richtig warm wird und man ordentlich ins schwitzen kommt, fliegt der warme Pulli schnell in die Ecke und wird zu spät wieder angezogen und ruckzuck hatte mich die Erkältung voll erwischt. Leider hält die sich nun schon seit über zwei Wochen – was auch an der mangelnden Schonung liegen könnte, denn es muss ja vorwärts gehen. Nach 150 Quadratmeter Erde umschaufeln fingen dann auch die Hände an, Blasen zu entwickeln, trotz Handschuhe, und das Zugreifen bereitet nun auch mir Probleme. Aufgrund von Malerarbeiten am Haupthaus und abendliches Weben und Nähen von Kissen, sind die Hände so überlastet, dass sie mir regelmäßig einschlafen und dann, vorzugsweise der Nacht, kribbeln und schmerzen. Nachdem wir im Internet ein super Schnäppchen für große Blaubeersträucher gefunden hatten, diese aber teilweise selber ausgraben, von der Erde befreien und auf den Pickup laden mussten, hat mein Körper beschlossen, zu streiken. Ein Nerv hat sich eingeklemmt, wodurch jede Bewegung mit Schmerzen verbunden ist und ich mich steinalt fühle. Gestern dachte ich noch, Bewegung hilft und habe weitergearbeitet, aber irgendwie ist der Plan nicht aufgegangen. Ich hoffe, mit Schonung wird es bald besser, sonst muss ich mal schauen, ob es hier einen Osteopathen oder Chiropraktiker gibt, der Abhilfe schaffen kann.

Nachdem uns unser Sohn nun schon immer wieder fragt, warum wir eigentlich nie eine Pause beim Arbeiten machen, haben wir uns fest vorgenommen, auf ihn und unsere Körper zu hören und zukünftig zumindest einen Tag in der Woche nicht zu arbeiten. Stattdessen wollen wir die Zeit für ein paar gemeinsame Ausflüge nutzen, um die Gegend noch etwas mehr zu erkunden. Mal schauen, wo es uns hinverschlägt, Möglichkeiten gibt es hier ja zum Glück genug. Und diesen freien Tag danken uns dann hoffentlich auch unsere Körper, so dass wir in der Woche wieder vollen Einsatz zeigen und schmerzfreie Abende genießen können!

 

11 Gedanken zu „Wenn der Körper streikt

    1. Danke! Mittlerweile ist es wieder in Ordnung, aber gut zu wissen! Auch wenn wir eine solche Behandlung hoffentlich erst mal nicht mehr brauchen 😉

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