Chile im Ausnahmezustand

Chile im Ausnahmezustand

Nach einer Woche Ferien bin ich wieder zurück an meinem „Arbeitsplatz“ und komme wieder dazu, einen neuen Beitrag zu verfassen. Letzte Woche hatte ganz Chile Ferien, etwas was wir so bisher noch nicht erlebt haben. Denn, anders als wir es von daheim kennen, ist man in Chile stolz, diese Nationalität zu besitzen und das wird offen gezeigt und gefeiert. Eigentlich ist nur der 18.9. der Nationalfeiertag des Landes, aber der Tag danach ist der „Tag des Heeres“  und ebenfalls landesweiter Feiertag. Und da es auf die Wochentage Dienstag und Mittwoch fällt, ist der Montag auch offiziell frei. Und da die Chilenen so wild feiern, dass Donnerstag und Freitag keiner in der Lage ist, zu arbeiten, wird die ganze Woche frei gemacht und keiner stört sich daran. Für uns war es eine Woche bestehend aus Regen (und zwar Dauerregen sieben Tage am Stück), Arbeit und Geburtstagsfeiern – sowohl den von Chile als auch von Freunden.

Nationalfeiertag in Chile (Foto von Radio Lago Villarrica)

Dass hier etwas Größeres im Gange ist, konnte man schon ab Anfang September merken. Die Straßen, Häuser, Cafés, Büros, Supermärkte und öffentliche Plätze wurden geschmückt und mit den chilenischen Flaggen dekoriert. Auch vor  jedem Wohnhaus wurde die chilenische Fahne gehisst und von allen Seiten leuchtete es in weiß, blau und rot. Die Autos sahen auf einmal alle gleich aus, da die Motorhauben und Außenspiegel einen Überzug in diesen Farben erhielten, in den Supermärkten wurden Tausende Asados (Grillfleisch) verlost, und wahrscheinlich Abertausende verkauft, und an jeder Ecke gab es auf einmal Verkaufsstände mit Wimpeln, Fahnen, Aufklebern, Hüten, Tröten und anderem Partyzubehör. An dem Samstag vor dem Feiertag wurden dann landesweit die Grills angeschmissen und vielerorts erst gestern wieder ausgemacht.

Für uns war es das erste Mal, dass wir zu der Zeit in Chile waren und somit alles Neuland. Im Kindergarten begannen sie schon vor einigen Wochen den Kindern das Thema „wir feiern den Geburtstag von Chile“ näherzubringen, Deko zu basteln und auch den chilenischen Nationaltanz „Cueca“ einzustudieren. Den Tanz gibt es übrigens im ganzen Land, er unterscheidet sich aber von Region zu Region in der Musik und der Tracht und die Kleinsten lernen diesen schon im Kindergarten. Am kommenden Mittwoch wird in unserem Kindergarten nochmal der Geburtstag Chiles nachgefeiert, wo es dann auch eine Aufführung gibt. Unser Kindergartenkind übt schon fleißig und die Tracht liegt schon bereit!

Unser neuer Esstisch

In der letzten Woche haben wir, wahrscheinlich als eine der wenigen im ganzen Land, trotzdem gearbeitet. Wir sind weiter dabei, die Fliesen in den Bädern zu legen und haben angefangen, die Wände und Decken der Gästehäuser zu streichen. Am Freitag vor der Ferienwoche wurde unser neuer Esstisch und ein neuer Wohnzimmertisch sowie die Betten für die Gästehäuser geliefert. Das war natürlich auch wieder eine Geschichte für sich. Ursprünglich sollten die Möbel Freitag Abend halb 8 geliefert werden. Gekommen sind sie 23 Uhr – ich war zwischenzeitlich schon im Bett. Nachdem sich der Laster auf der Wiese festgefahren und nur mit unserer Hilfe wieder frei kam, wurden die schweren Möbel ins Haus gebracht. Und – ihr ahnt es schon – war nicht alles einwandfrei. Wir wurden freundlich darauf hingewiesen, dass die Tischplatte des Esszimmertisches nicht ganz in Ordnung ist, aber gern ausgetauscht werden kann. Tatsächlich hat sie einige größere Astlöcher, die teils so gelassen wurden, teils ausgeschnitten und unschön wieder mit anderen Holzstücken zugeflickt wurden. Logischerweise wollen wir eine schöne Tischplatte und sind nun gespannt, wann wir eine neue bekommen. Davon abgesehen sind wir sehr glücklich mit dem großen Tisch, an dem locker 12 Personen Platz haben.

Empanadas mit Terremoto

Mit der Feierei starteten wir aber auch an dem Samstag vor dem Feiertag, bei den Nachbarn mit einer typisch chilenischen Casuela, eine Art Eintopf, und einigen Erfrischungsgetränken nach deutschem Reinheitsgebot. Und natürlich haben wir den Nationalfeiertag auch gefeiert. In Villarrica gibt es, anders als in Santiago, leider keine großen Paraden und Umzüge, aber unsere Nachbarn hatten erneut zum chilenischen Abend eingeladen. Zur Cueca- Musik gab es leckere Empanadas (gefüllte Teigtaschen mit Fleisch, gekochtem Ei und Oliven) und Terremotos, was übersetzt Erdbeben bedeutet. Am 18. September ist dies aber glücklicherweise nur der Name des Getränks gewesen, welches es wohl nur in Chile gibt und neben Alkohol nur aus Zucker und Ananas-Eis besteht. Entsprechend schnell geht es ins Blut und in den Kopf und das Gefühl was sich dann einstellt, kommt dem eines Erdbebens sehr nahe. Somit war es ein sehr lustiger Abend und wir fühlten uns schon fast chilenisch.

Nach einem Wochenende mit zwei weiteren (Kinder-) Geburtstagsfeiern rollt nun das normale Leben langsam wieder an. Das heißt für uns, wir können nun wieder Termine machen, erreichen die Leute und die Arbeiter lassen sich hoffentlich auch wieder blicken und es geht auf der Baustelle weiter.

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