Behördengänge und andere steinige Wege

Behördengänge und andere steinige Wege

Schon wieder ist soviel Zeit seit dem letzten Blogbeitrag vergangen. Das liegt daran, dass ich in den letzten Tagen meine Vormittage kaum in einem Café verbracht habe, sondern in der Stadt unterwegs war. So ist beispielsweise der Baumarkt auf meiner Besorgungsliste dazu gekommen, damit mein Mann nicht extra fahren muss, sondern auf der Baustelle weiterkommt, was jedes Mal sehr amüsant ist. Für die Chilenen, insbesondere männliche Baumarktmitarbeiter, ist es wohl sehr ungewöhnlich, wenn eine deutsche Frau in den Baumarkt in die Werkzeug-oder Baumaterialenabteilung geht und dort zielstrebig die verschiedenen Sachen aus den Regalen holt, ohne sich hilflos umzuschauen. Aber nach anfänglichen Hemmungen meinerseits, ob ich auch wirklich die richtigen Bohraufsätze, Nägel in verschiedenen Stärken, Farben und Dübel bringe, weiß auch ich mittlerweile, wo ich was finde und was gebraucht wird. Wenngleich mein Mann weiterhin der unumstrittene Baumarktexperte ist und mindestens einmal die Woche persönlich vorbeifährt.

Holzzuber mit Vulkanblick (besser als ein Bild von den Behörden)

Neben dem Baumarkt sind wir momentan mit den verschiedenen Behördengängen beschäftigt. Tatsächlich haben wir hier bald Einjähriges und müssen uns um die Verlängerung unseres Visums kümmern. Einen einfachen Antrag auf Verlängerung gibt es natürlich nicht. Dass unsere Daten alle schon vorliegen, spielt auch keine Rolle, es muss nochmal alles neu eingereicht werden. Jedoch leider nicht hier in Villarrica und auch nicht in Temuco, sondern es läuft alles über Santiago. Dort müssen alle Unterlagen hingeschickt werden – angefangen von Passkopien über chilenische Führungszeugnisse und Firmenunterlagen bis hin zu einem persönlichen Begleitschreiben, warum wir hier in Chile bleiben wollen. Das hat uns einige Zeit gekostet, alles zusammenzutragen. Nun liegen die Unterlagen zur Prüfung in Santiago und wir sind gespannt, wann wir Rückmeldung bekommen. Denn das Visum selber bekommen wir dann in Temuco, anmelden müssen wir uns dann hier wieder bei der Polizei und unseren Ausweis gibt es dann beim Registro Civil – mal schauen, ob wir, speziell ich, diesmal weniger als ein halbes Jahr warten müssen. In der Zwischenzeit bekommt man ein Dokument, wo vermerkt ist, dass alles im laufenden Prozess ist, so dass wir immer legal hier sein dürfen. Ich vermute, da wird sich noch die ein oder Geschichte zu dem Thema auftun.

Neben diesem Gängen auf verschiedene Ämter sind wir ebenfalls dran, uns die Genehmigungen für die Vermietung der Gästehäuser einzuholen. Auch da kann von Einfachheit keine Rede sein, was wahrscheinlich der Grund ist, warum 80% der Leute hier illegal vermieten. Schon allein auf der Gemeinde erhielt ich drei verschiedene Aussagen von drei verschiedenen Mitarbeitern, was wir denn tun müssen, um die Genehmigungen zu erhalten. Es gibt für alles Gesetze und Regularien, nur das Problem ist, dass die Mitarbeiter diese nicht kennen und es auch keinen interessiert – außer am Ende natürlich das Finanzamt. Von daher werden wir versuchen, alles typisch deutsch und korrekt zu machen, auch wenn der normale Chilene über uns den Kopf schüttelt und nicht versteht, warum wir uns da soviele Gedanken machen. Mit dem Genehmigungen ist es jedenfalls nicht so einfach, man braucht verschiedene Patente, die wiederum zig Unterpunkte beinhalten. So müssen beispielsweise genaue Wasserpläne vorgelegt werden, für Abwasser und Frischwasser, es muss die Wasserqualität überprüft werden, die Kläranlagen, der Wasservorrat, wie das Wasser erwärmt wird usw. Und natürlich verlangt jede Behörde für jedes Dokument Geld und bei allen Behörden müssen Nummern gezogen und gewartet werden. Anders als in Deutschland erhält man in Chile als Ausländer auch nicht so einfach ein Bankkonto, was die Sache nicht einfacher macht, wenn man den Gästen Bezahlung per Kreditkarte oder Überweisung anbieten will. Hier sind wir noch auf der Suche nach einer Lösung. Aber vielleicht geht es ja ruckzuck mit unserem neuen Visum und mit dem ist das dann auch mit dem Konto einfacher.

Somit sind meine Vormittage voll mit diesen Sachen, die jedoch sehr schleppend voran gehen. Die Chilenen sind von Natur aus ein eher gemütliches Völkchen und lassen sich nicht stressen oder aus der Ruhe bringen. So hatten wir letzte Woche wieder zwei Feiertage, was die einzelnen Sachen nicht unbedingt beschleunigt. Allerheiligen gibt es ja in Deutschland auch, für die Protestanten alternativ den Reformationstag. Da dieser aber am 31.10.ist, was zeitlich mit Halloween zusammenfällt, hat die chilenische Regierung beschlossen, dass die Protestanten auch einen Tag nur für sich brauchen und den 2.11. als Reformationstag deklariert. So dürfen alle erst Halloween feiern und dann kommen die zwei kirchlichen Feiertage. Für alle Chilenen bedeutet das, vier Tage frei am Stück und für uns zusätzlich Stillstand auf den Behörden und auf der Baustelle. Mit Ausnahme von meinem Mann und der Nachbar war, trotz der Feiertage, auch da.

Wassereinbruch im Gästehaus

Dort gibt es auch noch wahnsinnig viel zu tun. Es geht momentan so viel Zeit drauf, die Fehler der Arbeiter zu korrigieren. Zum Beispiel, wenn Türrahmen gebaut werden müssen, es aber vorn und hinten nicht stimmt, weil der Türstock schief ist oder nicht mit den Wänden abschließt. Zusätzlich muss jeder Handgriff der Arbeiter überwacht werden, weil sie leider immer noch ohne Kopf und Verstand arbeiten und teilweise mehr wieder kaputt machen, als vorwärts zu kommen. So hatten wir vor zehn Tagen ein kaputtes Dach in einem Gästehaus, wo es reingeregnet hat und von der Decke bis zum Fußboden alles zerstört hat. Das Dach war kaputt, weil sie es zum einen nicht schräg genug gebaut hatten, so dass sich das Regenwasser sammeln konnte, und zum anderen, weil sie auf dem Dach rumgestiegen sind und es dabei beschädigt haben. So lief der Regen in das Dach und in das Haus, mit der Konsequenz, dass der Geduldsfaden von meinem Mann endgültig riss und das komplette Dach, inklusive Isolierung, Dachlatten, Trockenbau, Elektrokabel, Putz usw wieder rausgerissen werden musste. Das tut schon weh, wenn man sieht, wie die komplette Arbeit der letzten Wochen zerstört wird. Noch ist der Zustand, wie wir es schon hatten, nicht wiederhergestellt. Immerhin, das Dach wurde jetzt angehoben, damit das Wasser besser ablaufen kann, jedoch nicht rechtzeitig geschlossen, so dass es zwischendurch wieder rein und auf den neuen Fußboden regnete. Mittlerweile ist das aber behoben, das Kaminrohr verlängert (trotz Ansage von uns jedoch zu lang, aber drei identische Häuser werden es wohl einfach nicht mehr) und die Decke auch von innen wieder geschlossen. Nur hat der Kaminbauer bei seinen Arbeiten erneut das Dach beschädigt und gestern lief da wieder Wasser über dem neuen Palettofen rein. Es ist teilweise zum Verrücktwerden, aber dann wird es ja auch nicht besser. Bauen in Chile ist auf jeden Fall eine Herausforderung!

Das Schöne an solchen Situationen ist, dass wir, vor allem mein Mann, in unserem Nachbarn da echt einen Freund gefunden hat, der ihm beisteht, mit ihm schimpft und abends ein (oder zwei) Bier trinkt. Und am nächsten Tag wieder gemeinsam mit ihm auf der Baustelle steht und Gas gibt. Denn trotz einiger Rückschläge geht es voran, wir kommen dem Endergebnis Stück für Stück näher und erfreuen uns an den Kleinigkeiten! Dennoch sind wir froh, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, wir keine Arbeiter mehr da haben und wir mit unserem eigentlichen Plan, der Eröffnung unserer kleinen Lodge, loslegen können. Ein Buch von all den Erlebnissen auf der Baustelle werden wir wahrscheinlich schreiben und über all die chaotischen Tage hoffentlich irgendwann lachen können.

4 Gedanken zu „Behördengänge und andere steinige Wege

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert